Ad hoc-Informationen zu staatlichen Hilfsmaßnahmen wegen Corona

Informationen zu wesentlichen Gesichtspunkten finanzieller staatlicher Entschädigungs- bzw. Ausgleichszahlungen.

Im Zuge der Corona-Virus-Pandemie treffen die Folgen der behördlichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens nun zunehmend auch die Unternehmen in erheblichem Umfang. Da diese Entwicklungen die existenziellen Grundlagen der Unternehmen gefährden können, hat die Finanzverwaltung bereits beschlossen, die folgenden steuerlichen Erleichterungen zu gewähren:

  • Herabsetzung oder Aussetzung laufender Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer auf Antrag
  • Stundung fälliger Steuerzahlungen
  • Erlass von Säumniszuschlägen
  • Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen

(Vgl. dazu auch das BMF-Schreiben vom 19.03.2020, IV A 3 -S 0336/19/10007).

Wir möchten Sie im Folgenden zudem über die weiteren wesentlichen Gesichtspunkte finanzieller staatlicher Entschädigungs- bzw. Ausgleichszahlungen informieren. Dies betrifft Entschädigungszahlungen nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz infolge behördlich verfügter Tätigkeitsverbote (z.B. Quarantänemaßnahmen) sowie die Bewilligung von Kurzarbeitergeld (z.B. infolge von Auftragseinbrüchen).

I. Entschädigungsansprüche nach Maßgabe des Bundesinfektionsschutzgesetzes (IfSG)

Soweit einem Selbständigen oder Arbeitnehmer behördlich verboten wird zu arbeiten und er dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält er eine Entschädigung in Geld (§ 56 Abs. 1 IfSG).

Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Vom Beginn der 7. Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes nach § 47 Abs. 1 SGB V gewährt, soweit der Verdienstausfall die für die gesetzliche Krankenversicherungspflicht maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Als Verdienstausfall gilt das Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zusteht (Netto-Arbeitsentgelt). Der Betrag erhöht sich um das Kurzarbeitergeld, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hätte, wenn er nicht aufgrund des behördlichen Tätigkeitsverbots an der Arbeitsleistung gehindert wäre.

Für die Berechnung des Verdienstausfalls bei Selbständigen gilt dies entsprechend mit der Maßgabe, dass ein Zwölftel des Arbeitseinkommens aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit zugrunde zu legen ist. Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während des Tätigkeitsverbots ruht, erhalten neben der soeben beschriebenen Entschädigung auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.

Verfahrenstechnisch ist für Arbeitgeber bedeutsam, dass sie bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen haben. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber sodann auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen (also nach Ablauf der sechs Wochen) wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt. Die Anträge sind innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit bei der zuständigen Behörde zu stellen (§ 56 Abs. 11 S. 1 IfSG). Dem Antrag ist von Arbeitnehmern eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die Höhe des in dem für sie maßgeblichen Zeitraum verdienten Arbeitsentgelts und der gesetzlichen Abzüge, von Selbständigen eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe des letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Arbeitseinkommens beizufügen (§ 56 Abs. 11 S. 2 IfSG).

Auf die Entschädigung werden bestimmte Ersatzleistungen gemäß § 56 Abs. 8 IfSG angerechnet, so insbesondere Zuschüsse des Arbeitgebers, soweit sie zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigen, das Netto-Arbeitsentgelt aus Ersatztätigkeiten, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt.

Die zuständige Behörde hat auf Antrag dem Arbeitgeber einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages, den Selbständigen in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung zu gewähren (§ 56 Abs. 12 IfSG). Die zuständige Behörde ist der für den Betrieb zuständige Landschaftsverband, für die Region Aachen also der Landschaftsverband Rheinland.

II. Kurzarbeitergeld

Kürzlich hat die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht, sie werde einen Arbeitsausfall infolge der Corona-Virus-Pandemie im Allgemeinen als erheblichen Grund gemäß § 96 SGB III im Rahmen der Gewährung von Kurzarbeitergeld anerkennen. Erfahrungen von Mandanten zeigen bislang, dass die regional zuständige Agentur für Arbeit die entsprechenden Anzeigen von Arbeitgebern problemlos abarbeitet.

Die Bundesregierung hat am 09.03.2020 außerdem einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach bestimmte Erleichterungen für die Bewilligung von Kurzarbeitergeld durch eine Rechtsverordnung umgesetzt werden können. Das Gesetzgebungsverfahren ist aktuell allerdings noch nicht abgeschlossen.

Im Folgenden sollen einige wesentliche Eckpunkte des Kurzarbeitergeldes zusammengefasst werden:

1. Allgemeines zum Kurzarbeitergeld

Kurzarbeit muss stets vom Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern angeordnet werden. Grundlage sind entweder tarifvertragliche Regelungen, eine Betriebsvereinbarung oder – wenn solche Regelwerke nicht existieren – einzelvertragliche Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern.

Voraussetzung für die Bewilligung von Kurzarbeitergeld ist ein „erheblicher Arbeitsausfall“, was bedeutet, dass nach der aktuellen Gesetzeslage mindestens ein Drittel der Arbeitnehmer mit jeweils mindestens 10 % des Arbeitseinkommens betroffen sind. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nunmehr vor, dass diese Drittelgrenze durch eine Rechtsverordnung auf 10 % herabgesetzt wird. Hinzu kommt, dass nur Arbeitnehmer erfasst werden, die auch nach Beginn des Arbeitsausfalls eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzen. Das Arbeitsverhältnis darf also nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst sein.

Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein. Das ist dann der Fall, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern (§ 96 Abs. 4 SGB III), bspw. bei Auftragsstornierungen infolge der Corona-Pandemie oder behördlich verfügter Betriebsschließungen.

Aktuell gilt noch: Besteht in einem Betrieb eine Vereinbarung über die Flexibilisierung der Arbeitszeit, nach der mindestens 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit für einen Arbeitsausfall eingesetzt werden, gilt ein darüber hinausgehender Arbeitsausfall aufgrund gesetzlicher Regelung als nicht vermeidbar (§ 96 Abs. 4 Satz 4 SGB III). Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht auch insoweit vor, dass diese Regelung zukünftig durch Verordnung ganz oder teilweise ausgesetzt werden kann.

Darüber hinaus ist nach der aktuellen Gesetzeslage zu berücksichtigen, dass ein Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto grundsätzlich einzubringen ist, es sei denn, es ist

  • ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit bestimmt und nicht größer als 50 Stunden,
  • ausschließlich für die in § 7c Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) genannten Zwecke bestimmt ist (Verwendung von Wertguthaben),
  • zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden und nicht größer als 150 Stunden,
  • größer als 10 % der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit,
  • länger als ein Jahr unverändert existent.

Die betroffenen Arbeitnehmer dürfen außerdem nicht vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sein. Zu dem nichtberechtigten Personenkreis zählen Personen, die nicht arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sind, also z.B. Arbeitnehmer/-innen,

  • die das für die Regelaltersrente im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erforderliche Lebensjahr vollendet haben;
  • denen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt wird;
  • die geringfügig beschäftigt sind (§ 8 SGB IV);
  • während der Zeit, in der sie Krankengeld beziehen.

Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach dem sog. „pauschalierten Nettoentgeltausfall“ im Anspruchszeitraum. Dieser Ausfall entspricht der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Soll-Entgelt und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt, jeweils vermindert um

  • eine Sozialversicherungspauschale in Höhe von 20 %;
  • die Lohnsteuer auf Basis der einschlägigen Lohnsteuerklasse;
  • den Solidaritätszuschlag.

Das Kurzarbeitergeld beträgt sodann 67 % hiervon für Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3-5 EStG haben oder deren Ehepartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Für alle anderen Arbeitnehmer beträgt das Kurzarbeitergeld 60 % des pauschalierten Nettoentgeltausfalls.

Sozialversicherungsbeiträge sind nach aktueller Gesetzeslage weiterhin vom Arbeitgeber zu tragen. Der Regierungsentwurf für eine gesetzliche Änderung sieht insoweit vor, dass durch eine Rechtsverordnung zukünftig eine Erstattung durch den Staat ermöglicht werden soll.

Die vorgenannten Gesetzesänderungen sollen nach Maßgabe des Regierungsentwurfs bis Ende 2021 befristet werden. Es wird erwartet, dass das Gesetzgebungsverfahren im April 2020 abgeschlossen sein wird.

2. Verfahrensfragen

Der Arbeitsausfall ist gem. § 99 Abs. 1 SGB III der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, durch den Arbeitgeber schriftlich anzuzeigen.

Kurzarbeitergeld wird gem. § 99 Abs. 2 SGB III frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist.

Die Agentur für Arbeit hat dem Anzeigenden unverzüglich einen schriftlichen Bescheid darüber zu erteilen, ob aufgrund des Antrags ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 99 Abs. 3 SGB III). Dieser positive Anerkennungsbescheid beinhaltet die verbindliche Feststellung, dass den betroffenen Arbeitnehmern nach fristgerechter Antragstellung (§ 323 Abs. 2, § 325 Abs. 3 SGB III) bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen für die Zeit des Arbeitsausfalls Kurzarbeitergeld gewährt wird.

Der Antrag auf Zahlung des Kurzarbeitergeldes ist im Anschluss schriftlich bei der Agentur für Arbeit einzureichen (§§ 323 ff. SGB III). Er ist für den jeweiligen Kalendermonat innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten zu stellen, wobei die Frist mit Ablauf des Zeitraumes beginnt, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird (§ 325 Abs. 3 SGB III).

Soweit Sie Unterstützung bei den dargestellten Verfahren benötigen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.