Zugehörigkeit aller Immobilien zum gewerblichen Grundstückshandel?

Weithin wird vermutet, der gewerbliche Grundstückshandel entfalte eine Sogwirkung für alle privat gehaltenen Objekte. Dies ist nicht der Fall.

Bei Ent- oder Bestehen eines gewerblichen Grundstückshandels stellt die Frage, ob auch weitere oder gar alle anderen privat gehaltenen Objekte zugehörig sind, regelmäßig einen „neuralgischen Punkt“ dar.

(Hinweis: Die nachfolgenden Ausführungen gelten nicht für Immobilien, die im Vermögen einer Personengesellschaft gehalten werden, die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt. Bei dieser sind stets auch alle weiteren Grundstücke dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Insoweit gelten die nachfolgenden Ausführungen jedoch analog für die Frage, ob eine Immobilie Anlage- oder Umlaufvermögen darstellt.)

Die Verwaltung hält zum Umfang eines gewerblichen Grundstückshandels fest, dass dieser grds. durch den veräußerten Grundbesitz bestimmt wird. Daraus folgt, dass nicht veräußerte Grundstücke nicht automatisch mit in den gewerblichen Grundstückshandel einbezogen werden. Es kann nur zu einer Zuordnung auch dieser Grundstücke in den gewerblichen Bereich kommen, wenn diese auch veräußert werden.

Falls weitere Grundstücke verkauft werden, und bereits ein gewerblicher Grundstückshandel besteht, geht die Verwaltung davon aus, dass die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB zu beachten sei. Nach dieser Regel werden Rechtsgeschäfte im Zweifel dem Handelsgewerbe eine Kaufmannes zugeordnet. Dies rechtfertigt sich für die Finanzverwaltung insb. aus der Nähe der Tätigkeit zum gewerblichen Betrieb und der Schwierigkeit, einzelne Wirtschaftsgüter oder Geschäfte als Privatangelegenheit auszusondern. (Dies ist abzulehen; vgl. dazu die Ausführungen am Ende des Beitrags.)

Im Übrigen, so die Finanzverwaltung, habe die Prüfung des Umfangs der gewerblichen Tätigkeit nach den gleichen Kriterien wie denjenigen für die Abgrenzung zwischen gewerblichem Grundstückshandel und privater Vermögensverwaltung zu erfolgen.

Letzteres entspricht auch der Rechtsprechung des BFH, der regelmäßig eine pauschale Zuordnung anderer Grundstücke zum gewerblichen Grundstückshandel – selbst bei deren späterer Veräußerung – ablehnt. Vielmehr stellt die Gerichtsbarkeit darauf ab, ob für die „anderen Objekte“ Indizien dafür ersichtlich sind, dass diese ehedem auch mit zumindest bedingter Veräußerungsabsicht erworben wurden, vgl. bspw. die BFH-Urteile in BStBl. II 2003, 297; BFH/NV 1999, 302 und BFH/NV 1991, 524.

Jedenfalls – so auch wiederum die Finanzverwaltung – sind daher Objektveräußerungen auszusondern, bei denen bebaute Grundstücke bis zum Verkauf während eines langen Zeitraums durch Vermietung (mindestens zehn Jahre) oder zu eigenen Wohnzwecken (i. d. R. mindestens fünf Jahre) genutzt worden sind.

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Ergänzende Anmerkung:

Nach § 344 Abs. 1 HGB wird vermutet, dass die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel zum Betrieb seines Handelsgewerbes rechnen. Der unmittelbare Anwendungsbereich der Norm ist sehr schmal, da die Norm eine Vermutung nicht für die Kaufmannseigenschaft selbst, sondern nur für die Zugehörigkeit eines (Rechts-)Geschäfts zum kaufmännischen Geschäftsbetrieb begründet und somit weder auf nicht in das Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende (zu denen gewerbliche Grundstückshändler oftmals gehören, da ihre Tätigkeit oftmals gerade keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten und Geschäftsbetrieb erfordert, vgl. § 1 Abs. 2 HGB), noch auf die stets gewerblichen Personenhandelsgesellschaften (§ 6 Abs. 1 HGB) und Kapitalgesellschaften (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 3 Abs. 1 AktG) anwendbar ist, vgl. K. Schmidt, in: Münchener Kommentar HGB, 4. Aufl. 2018, § 344 Rn. 2.

In der Breite, in der die Finanzverwaltung die Norm anwenden will, handelt es sich somit allenfalls um eine analoge Anwendung oder die Heranziehung eines Rechtsgedankens. Es fehlt aber an der insoweit erforderlichen Vergleichbarkeit der geregelten und der nicht geregelten Interessenlage. § 344 Abs. 1 HGB dient der Rechtssicherheit im Interesse des Rechtsverkehrs, vgl Pamp, in: Oetker, HGB, 6. Aufl. 2019, § 344 Rn. 1.

Er passt somit nicht auf das Besteuerungsverfahren, in dessen Rahmen der Kaufmann lediglich dem Finanzamt gegenübertritt, welches den Sachverhalt – wenn auch eingeschränkt durch die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen – von Amts wegen zu ermitteln hat. Die Vermutungswirkung des § 344 Abs. 1 HGB könnte der Steuerpflichtige denn auch nur erschüttern, wenn er eine negative Tatsache, nämlich das Nichtvorliegen der Veräußerungsabsicht im Erwerbszeitpunkt, beweist, was regelmäßig nur schwer möglich sein dürfte (insb., da etwa selbst ein langfristig geschlossener Mietvertrag regelmäßig als „veräußerungsbegünstigend“ ausgelegt wird).